Das Projekt
Warum es „JEDER VIERTE“ gibt
Antisemitismus ist nicht nur der gürtelschlagende Islamist, der Friedhof schändende Neonazi, der mörderische Attentäter vor der Synagoge. Er ist in allen Teilen der Gesellschaft verbreitet. In allen Altersgruppen und politischen Spektren. Er findet in der Supermarktschlange statt, am Stammtisch, in der Universität, in den Medien. Nach einer Studie des Jüdischen Weltkongresses aus dem Herbst 2019 hegt jeder vierte Deutsche antisemitische Gedanken. Die erschreckende Wahrheit ist: Viele Deutsche trauen sich wieder, ihren Hass auf Juden öffentlich zu äußern. Und auszuleben.
Wir, 17 junge Journalist:innen aus Berlin, wollen mit diesem Projekt zeigen, wie der alltägliche Antisemitismus durch eine schweigende Mehrheit mitgetragen wird. Dafür haben wir mit Jüdinnen und Juden in ganz Deutschland gesprochen und uns ihre Erfahrungen mit dem alltäglichen Hass auf sie, ihre Ängste, Wünsche und Hoffnungen erzählen lassen. Sechs dieser Geschichten, die repräsentativ für so viele sind, haben wir szenisch aufbereitet und gemeinsam mit Schauspieler:innen umgesetzt, ohne sie inhaltlich zu verändern. Wir wollten Bild, Ton und eine bewusst reduzierte Szenerie nutzen, um die Wucht von vermeintlich bedeutungslosen Reaktionen – und Nicht-Reaktionen – darzustellen. Und so zum Nachdenken anregen.
Nach jedem Film erscheinen die jeweils „echten“ Protagonist:innen und erzählen von dem Erlebnis, ihren Emotionen und ihrer Haltung. Dabei können unsere Zuschauer:innen mit Hilfe eines interaktiven Tools selbst bestimmen, welche Frage sie besonders interessiert. Uns ist aber auch die Einordnung von Dritten wichtig, deshalb analysieren Antisemitismus-Experten jede Situation konkret. So entsteht ein komplettes Bild. Außerdem werden weitere Betroffene von ihren Erfahrungen auf den Social–Media-Kanälen von „JEDER VIERTE“ berichten.
Es geht uns nicht darum, die „krassesten“ Geschichten zu erzählen. Wir wollen zeigen, welche Konsequenzen es hat wegzuschauen – und so dazu beitragen, das Schweigen über den alltäglichen Antisemitismus in unserem Land zu brechen.